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Famulaturbericht

Dentaler Hilfseinsatz in Kambodscha

Angk Portinhean Pagode, Phnom Penh: Kambodscha. Drei Kätzchen versuchen immer wieder, in den Klinikraum vorzudringen. Die Matte an der Tür haben sie als Lieblingsschlafplatz auserkoren. Vermutlich fliehen sie aber auch vor den Kindern, die so gerne mit ihnen spielen. Die Kinder wirken jünger, als sie es sind, wie so viele hier. Der Kleinste lacht uns strahlend an und entblößt eine Reihe kariös zerstörter Zähne.

Auslandsfamulatur im ärmsten Land Südostasiens

An manchen Tagen kommen Kinder aus Schulen oder Waisenhäusern in die Klinik der Mini Molars, manchmal die Einwohner aus der Umgebung. Schmerzbehandlung steht im Vordergrund. Viele Patienten sind sehr dankbar für die Behandlung. Sie fragen nach Füllungen, in der Regel müssen wir aber extrahieren. Ich versuche zu erklären, dass es für eine Füllung bereits zu spät ist, aber im gegenüberliegenden Quadranten eine kleine Füllung möglich wäre, um einen anderen Zahn vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. Dankend wird abgelehnt, man komme wieder, wenn der Zahn Schmerzen bereite. Das frustriert. Wir sehen viele Wurzelreste, einmal auch einen voll „ausgewachsenen“ Mesiodens.

 

An anderen Tagen gibt es mobile Einsätze. Dann werden zwei gepolsterte Klappstühle, Boxen mit mobiler Absauganlage sowie Turbinen und ein Koffer voll mit Verbrauchsmaterialien und Instrumenten in ein Tuk-tuk verfrachtet. So fahren wir in die Slums. Unsere Behandlungsstühle bestehen aus aufeinander gestapelten Plastikhockern. Ab und zu läuft auch mal ein Huhn in das Behandlungszimmer. Komisch findet das hier niemand. An meinem letzten Tag gibt es bei einem mobilen Einsatz außerhalb von Phnom Penh noch einmal richtig viel zu tun. Ich extrahiere an einem Tag 17 Zähne, lege sechs Füllungen, reinige endlos Zähne. Wir hören erst auf, als uns die Hebel und Zangen ausgehen.

 

Ein großes Problem ist das mangelnde Bewusstsein der Menschen für Mundhygiene und Ernährung. Der Leiter eines Hilfsprojekts, der uns zu sich eingeladen hat, erzählt uns, dass Süßigkeiten so beliebt sind, weil es in vielen Familien nicht genug zu essen gibt. Auch wenn die Auswirkungen der fehlenden Vorsorge dramatisch sind, ist uns klar, dass viele Menschen größere Sorgen haben als ihre Zahngesundheit. Durch den mehrwöchigen Aufenthalt lerne ich mehr von der Stadt kennen als normale Touristen, die in der Regel nur für ein oder zwei Tage in Phnom Penh bleiben. Bei Spaziergängen am Mekong, Café- und Restaurantbesuchen, in Ausstellungen und bei Streifzügen durch die unterschiedlichen Stadtteile entdecke ich die Geschichte und die Gegenwart von Phnom Penh. Für alle, die das Land besser kennenlernen und sich engagieren wollen, kann ich einen Einsatz bei Mini Molars nur empfehlen. Während der Behandlungen lernt man enorm viel, und zugleich bietet der Aufenthalt viele Gelegenheiten, mehr über die Kultur und Gesellschaft von Kambodscha zu erfahren.

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Liyang Sheng

Liyang Sheng berichtet für das talents.mag., sie hat im Rahmen ihres Zahnmedizinstudiums an der Universität Heidelberg die Auslandsfamulatur in der Zahnklinik von Mini Molars absolviert. Der Verein Mini Molars Cambodia e.V. betreibt auf dem Gelände einer buddhistischen Pagode am Rande der Hauptstadt Phnom Penh eine Zahnklinik für Kinder und andere Bedürftige.

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Über Kambodscha

Kambodscha ist eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Über 20 Jahre Bürgerkrieg, die Schreckensherrschaft der Roten Khmer sowie die anschließende Besetzung wirken bis heute nach. Das Gesundheitssystem ist gerade in ländlichen Gebieten sehr schwach ausgebaut, durch den Massenmord der Roten Khmer an Akademikern fehlt es an Ärzten. Trotz enormer Fortschritte in den letzten Jahrzehnten, sichtbar etwa in der deutlich gesteigerten Lebenserwartung, gehen weite Teile der Bevölkerung aufgrund der hohen Kosten nur in Ausnahmefällen zu Ärzten oder in Krankenhäuser.

Liyang Sheng wurde bei ihrer Auslandsfamulatur von Henry Schein Cares in Form einer Sachspende unterstützt. Mehr Infos dazu auch hier: Henry Schein Cares

 

Bevor man ins Berufsleben als Zahnarzt einsteigt, nochmal ein richtiges Abenteuer erleben? Das dachte sich auch der Student Moritz Walter aus Heidelberg und trat in seinen letzten Semesterferien für vier Wochen seine Freiwilligenarbeit in Kambodscha an. Er erzählt der dent.talents.-Redaktion von seiner spannenden Zeit in einem völlig fremden Land und seinen Erfahrungen, die er dort mit den einheimischen Patienten sammeln konnte.

 

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Famulaturbericht

Moritz Walter über seine Freiwilligenarbeit als Zahnmediziner

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Im November 2015 entschied ich mich dazu, meine letzten Semesterferien zu nutzen, um in ein kleines zahnmedizinisches Abenteuer aufzubrechen. Nach langer Internetrecherche und vielen Telefonaten stieß ich auf das Mini Molars Projekt in Kambodscha, das erst einige Monate zuvor ins Leben gerufen worden war.

Moritz Walter

Mein Reiseziel für den März und April 2016 war somit beschlossen. Mit jeder Menge Behandlungsmaterial und sogar einem Röntgengerät im Gepäck trat ich gespannt meine Reise in ein völlig unbekanntes Land an. Nach zwei Wochen Erholung begann ich mit meiner vierwöchigen Freiwilligenarbeit in Phnom Penh. In einem verarmten Viertel behandelte ich sowohl Kinder als auch Erwachsene, die auf die Hilfe von Freiwilligen angewiesen sind. Bei jedem Patienten wurde zunächst eine Schmerzanamnese vorgenommen. Die folgenden Schritte wurden dann mit dem kambodschanischen Zahnarzt abgesprochen, der die Patienten aufklärte, bevor ich mit der Behandlung fortfuhr.

Wegen der Sprachbarriere, fehlender Materialien und mangelnder Hygiene war das jedoch nicht immer so einfach. Zum Glück lernte ich mit der Zeit einige wichtige Wörter auf Khmer, Kambodschas Landessprache. Da man an die Patienten leider nur schwer Termine vergeben konnte, kam es vor, dass die Praxis an manchen Tagen total überrannt wurde. Durch die Unterversorgung mit Prophylaxe und die mangelnde Zahnpflege kamen die meisten Patienten mit Schmerzen zu uns, weshalb es häufig zu spät war, um den betroffenen Zahn zu retten. An Tagen, an denen nichts los war, fuhren wir in eine NGO (Nichtregierungsorganisation), machten dort Werbung für unsere kostenlose Behandlung und verteilten Zahnputzartikel an alle. Trotz der Lebensumstände herrschte dort eine völlig harmonische und glückliche Atmosphäre.

An meinem letzten Behandlungstag kam ein elfjähriger Junge mit Zahnschmerzen in die Praxis. Er hatte noch nie in seinem Leben seine Zähne geputzt. Nachdem ich die meisten, komplett schwarzen Milchzähne entfernt hatte, brachte ich ihm zunächst Zähneputzen bei. Durch die Begleitung von Einheimischen hatten wir Deutschen die Möglichkeit bekommen, mehr vom kambodschanischen Leben und Alltag mitzubekommen. Meine Reise nach Kambodscha war das Highlight meiner Studienzeit. Ich erfuhr viel Dankbarkeit und habe dort nicht nur Erfahrungen für den Beruf, sondern auch fürs Leben gesammelt.

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Tipps zur Auslandsfamulatur von Talent zu Talent:

 

Die Erfahrung in Kambodscha hat mich unheimlich geprägt und ich kann einen Auslandsaufenthalt nur weiterempfehlen. Allen Interessierten rate ich, sich unbedingt früh genug um alles zu kümmern. Die Plätze sind extrem begehrt und es ist so viel zu organisieren: die ganzen Versicherungen, die Aufbereitung der Dokumente für ein Stipendium, die Materialspenden usw. Allein die Impfungen nehmen viel Zeit in Anspruch. Man muss zuerst rausfinden, was man genau braucht, und dann müssen noch Termine vereinbart werden. Bei mir war z.B. eine Mehrfachimpfung gegen Tollwut notwendig, die ich zeitlich völlig unterschätzt hatte.

 

Insgesamt hatte ich sechs Monate Zeit für alles. Den Platz habe ich wahrscheinlich nur noch bekommen, weil das Programm so neu und unbekannt war. Ein bisschen Glück gehört dazu, aber Interessierten kann ich im Rückblick nur empfehlen, sich mindestens ein Jahr Zeit zu nehmen!

Moritz Walter

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Das zahnärztliches Hilfsprojekt “Mini Molars Cambodia e.V.” wurde im August 2015 von Sombo und Ulf Zuschlag gegründet, um bedürftigen Kindern in Kambodscha mit kostenloser zahnärztlicher Versorgung zu helfen.

Zu Mini Molars Cambodia e.V.

Moritz Walter absolvierte die Famulatur in dem zahnärztlichen Hilfsprojekt „Mini Molars Cambodia e. V.“ und wurde dabei mit einer Spende im Rahmen des Henry Schein Cares-Programms unterstützt.
Mehr Infos dazu auch hier: Henry Schein Cares

 

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Famulaturbericht

Mit dem Tuk-Tuk in die Zahnklinik

Zwischen erschreckend schlechten Zähnen und kultureller Vielfalt: Luise Winter berichtet von ihrer Zeit als freiwillige Zahnmedizinerin für „Cambodia World Family“ in Kambodscha. Nach vier langen Monaten, die ich hauptsächlich mit Lernen in der Bibliothek verbracht hatte, war es endlich so weit: Ich hatte mein Staatsexamen geschafft. Die Freude darüber war groß, und ich blickte gespannt auf mein nächstes Abenteuer.

Den Dezember 2019 nutzte ich für letzte Vorbereitungen, und direkt nach den Weihnachtsfeiertagen ging es für mich dann endlich los. Mein Ziel: das Land der Khmer – Kambodscha.

Die Ankunft in Phnom Penh allerdings war ernüchternd. Mein ganzes Gepäck mit all den von mir gesammelten Spenden war verschwunden. Glücklicherweise waren die Flughafenmitarbeiter nett, und die Koffer tauchten bald wieder auf. Die ersten Tage nutzte ich dafür, mich mit dem Land vertraut zu machen, in dem ich die nächsten zwei Monate verbringen würde. Anfangs empfand ich den Lärm, den Verkehr, den allgegenwärtigen Abfall, die Luftverschmutzung und die Armut als sehr belastend. Aber schon nach ein paar Tagen hatte ich mich daran gewöhnt. Ich besuchte die Sehenswürdigkeiten der Stadt, wodurch ich die kambodschanische Kultur und die bewegende Geschichte des Landes besser verstehen konnte.

 

Die im Süden der Stadt gelegene Klinik hat vier Behandlungsstühle. Sie mögen manchmal kleine Macken haben, funktionieren aber eigentlich genauso wie die, die ich aus Deutschland gewöhnt war. Die ersten Kinder trafen meist zwischen acht und neun Uhr morgens ein. Jeden Tag besuchten zwischen einer und drei Schulklassen die Klinik. Dementsprechend haben wir jeden Vormittag zehn bis 50 Kinder behandelt. Sie sprachen teilweise erstaunlich gut Englisch, und die netten Helferinnen unterstützten uns außerdem oft bei der Übersetzung und Kommunikation. Dies war besonders bei ängstlichen Kindern eine große Hilfe. Es wurde immer zuerst ein kurzer Befund durchgeführt. Den Behandlungsbedarf notierten wir auf einem Blatt Papier. Für Fragen war stets ein kambodschanischer Arzt anwesend, der uns allen mit Rat und Tat zur Seite stand. Bei den Kindern waren Zahnreinigungen, Fluoridierungen, Füllungen und Extraktionen an der Tagesordnung. Ein Röntgengerät gab es leider nicht, weshalb wir keine Wurzelkanalbehandlungen durchführen konnten.

Neues Jahr, neue Erfahrungen

Direkt nach Neujahr, am 2. Januar, fing für mich auch schon der Arbeitsalltag an. Um sieben Uhr am frühen Morgen packte ich all meine Spenden ein und fuhr mit dem Tuk-Tuk, einer motorisierten Rikscha, zur Klinik. Natürlich kam ich viel zu früh an – typisch deutsch. Das Projekt „Cambodia World Family“ bietet Kindern aus umliegenden Schulen die Möglichkeit, sich zahnmedizinisch untersuchen und behandeln zu lassen. Das alles ist kostenlos, weshalb das Projekt immer auf Spenden angewiesen ist. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei der Firma Henry Schein bedanken, die durch ihre Unterstützung diesen Aufenthalt erst möglich gemacht hat.

Man wächst an seinen Aufgaben

Erschreckt hat mich besonders am Anfang der schlechte Zustand der Zähne der Kinder. Mit der Zeit bekam ich aber mehr Erfahrung und Routine. Ich wurde selbstsicherer, konnte Behandlungen schneller durchführen und wusste auch mit ängstlichen Patienten besser umzugehen. Die Arbeit für „Cambodia World Family“ empfand ich als sehr erfüllend. 

Es war schön zu sehen, wie die Kinder nach der Behandlung mit einem Lächeln vom Stuhl stiegen, sich mit dem Wort „arkun“ – was Danke auf Khmer bedeutet – verabschiedeten und schnell wieder zu ihren Freunden verschwanden.

Luise Winter

Zwischen mir und den Helferinnen aus der Klinik entwickelten sich gute Freundschaften. Nach anfänglicher Schüchternheit tauten die Mädels schnell auf, und wir hatten immer viel Spaß bei der Arbeit. Ab und zu trafen wir uns außerhalb der Klinik, gingen gemeinsam essen oder etwas trinken. Einmal organisierten wir mit allen am Projekt beteiligten Freiwilligen und Angestellten eine Bootsfahrt auf dem Mekong. Es war ein richtig schöner Abend mit gutem Essen und Musik.

Viel zu entdecken, wenig Zeit

In Phnom Penh habe ich mich gut eingelebt. Die Stadt offenbart ihren Charme nicht auf den ersten Blick. Wenn man jedoch eine Weile dort ist, entdeckt man viele schöne Ecken. Es gibt so viele tolle Restaurants und Cafés, dass man es kaum schafft, alle auszuprobieren. Günstig essen kann man auch auf den vielen Märkten der Stadt. Dort bekommt man vor allem gutes und frisches Street Food. Sie laden zum gemütlichen Bummeln ein, man entdeckt ständig Neues und findet herrliche Souvenirs. Wenn man nach dem vielen Essen nicht ganz auf Sport verzichten will, kann man seine Nachmittage in einem der zahlreichen Fitness-Studios verbringen. Und auch für die Abendgestaltung gibt es vielfältige Angebote, ob Salsa-Tanzkurse, Kunstausstellungen oder Konzerte – es ist für jeden etwas dabei. Und wenn es doch einmal ein wenig schicker sein darf, laden die Sky-Bars von Phnom Penh dazu ein, den Sonnenuntergang zu genießen.

 

An den Wochenenden erkundete ich meist mit Freunden, die ich in Kambodscha kennengelernt hatte, das Land. So waren wir zum Beispiel an der Küste in Kampot und Kep, wo wir eine Pfefferplantage und eine Höhle besichtigten. Außerdem machten wir eine Kanutour und schauten uns am Meer den Sonnenuntergang an. In Kampong Cham ging es weniger touristisch zu. Wir waren in dem Dorf untergebracht und konnten so noch tiefer in die Kultur und das Leben auf dem Land eintauchen. Typisch kambodschanisch war übrigens auch eine Hochzeit, die direkt neben unserem Bungalow gefeiert wurde – dabei wurde von vier Uhr morgens bis ein Uhr nachts so laut Musik gespielt, dass sie im ganzen Ort zu hören war. Und natürlich war ich auch in Siem Reap und besichtigte die berühmte Tempelanlage von Angkor Wat. Sie ist das wohl berühmteste Wahrzeichen von Kambodscha, und alle Einheimischen sind sehr stolz darauf. Wegen der langen Anreise und um genug Zeit zu haben, mir alles in Ruhe anschauen zu können, nahm ich mir für den Ausflug ein verlängertes Wochenende. Die jahrtausendealten Tempel zu besichtigen hat mich zutiefst beeindruckt. Die Zeit in Kambodscha war sehr schön und hat mich sowohl zahnärztlich als auch persönlich enorm weitergebracht. Vielen Dank für die Unterstützung und dafür, dass Sie das möglich gemacht haben!

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Cambodia World Family (CWF) ist eine kleine Organisation mit Sitz in Phnom Penh, der Hauptstadt von Kambodscha. CWF wurde von dem Allgemeinmediziner Dr. Daniel Sursott gegründet. Mit der Zeit engagierte sich CWF in verschiedenen Basisprojekten, darunter eine mobile Zahnklinik, die Waisenkinder in den Provinzen Kambodschas behandelte.

 

Erst 2005 wurde eine permanente Klinik in Phnom Penh eingerichtet, die sich auf gefährdete Kinder konzentrierte und Absolventen der Waisenhäuser als Verwalter, Krankenschwestern und Therapeuten ausbildete.

Zu Cambodia World Family