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Spezialisierung

Bleaching: Vom Trend zum Mainstream

Knallroter Lippenstift als visueller Trick, Backpulver mit Zitronensaft oder Salz auf der Zahnbürste – die vielen Hausmittel verdeutlichen den Wunsch der Menschen nach weißen Zähnen. Dank gekonnter Werbebotschaften lassen sich auch zahnaufhellende Produkte, wie Weißmacher-Zahncreme oder Zahnweiß-Kaugummis, blendend verkaufen. Der Bleaching-Trend hat Deutschland längst erreicht und wird als selbstverständlicher Bestandteil eines zahnärztlichen Praxiskonzeptes erachtet.

Der helle Wahnsinn

Sind weiße Zähne gesünder? Natürlich nicht, aber der Eindruck von Attraktivität schließt häufig die Zahnfarbe mit ein. Studien besagen, dass helle Zähne als attraktiv gelten und Bestandteil eines Schönheitsideals sind. Nun sind Ideale relativ und die Wahrnehmung von Schönheit ist subjektiv. Doch es ist eine Tatsache, dass Patienten nicht nur aus kurativen Gründen die Zahnarztpraxis aufsuchen, sondern heute auch die Ästhetik der Zähne einen hohen Stellenwert hat.

Dabei hat das Aufhellen der Zähne eine vergleichsweise lange Geschichte. Bemühungen reichen ins frühe 18. Jahrhundert zurück. Damals wurde Harnsäure oder gekalktes Pulver verwendet. In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde erstmals Wasserstoffperoxid als Mundspüllösung erwähnt und dessen zahnbleichende Wirkung 1884 beschrieben. Heute werden Zähne mit Bleichmitteln auf Basis von Carbamidperoxid und/oder Wasserstoffperoxid aufgehellt. Eine Übersicht über die Entwicklung:

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"California White"

 

"California White" heißt es, wenn uns die Zähne einiger US-Promis von der Leinwand blenden - oder mit einem spöttischen Hauch: "Hollywood Toilet White"

Das Bleaching im historischen Überblick

1877 – Oxalsäure

1884 – Wasserstoffdioxid

1895 – erste Versuche, mit elektrischem Strom den Bleichvorgang zu beschleunigen

1911 – ultraviolettes Licht

1918 – Superoxol (Vorläufer des heutigen Wirkstoffes) mit Hitze und Licht als Beschleunigern

1920 – Wasserstoffperoxid  als anerkanntes Verfahren

1968 – Entdeckung der aufhellenden Wirkung von Carbamidperoxid, das mittels Positionierer zur Therapie gingivaler Entzündungen angewandt wurde

1989 – Mikroabrasionstechnik; Auftragen von Säure auf den Zahnschmelz

1991 – Power-Bleaching; angelagerte Farbpigmente werden unter einer Lichtquelle
mittels Sauerstoff oxidiert

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Mögliche Auslöser von Verfärbungen

In der Regel lassen Patienten ihre Zähne aus kosmetischen Gründen aufhellen. Doch es gibt auch medizinische Ursachen. Zum Beispiel kann mittels Bleaching eine invasive Therapie (Kronen, Veneers) – je nach Grad der Beeinträchtigung – vermieden werden.

Psychische Belastungen aufgrund starker Verfärbungen können durch Bleichen reduziert werden. Bei den Ursachen von Zahnverfärbungen wird zwischen den intrinsischen und den extrinsischen Verfärbungen unterschieden. Extrinsische Verfärbungen beruhen auf Stoffen, die sich auf der Zahnoberfläche ablagern. Ob gesunder Tee, belebender Kaffee oder guter Rotwein – der Gehalt an Tannin und Polyphenolen kann ebenso Verfärbungen auslösen wie Inhaltsstoffe von Medikamenten. Bei farbverändernden Anomalien der Zahnhartsubstanz spricht man von intrinsischen Verfärbungen. Diese entstehen im Inneren des Zahnes (z. B. Blutabbauprodukte der nekrotischen Pulpa) oder sind auf eine Strukturveränderung (Fehlbildung) zurückzuführen (z. B. genetisch determinierte Amelogenesis imperfecta). Auch intrinsische Veränderungen sind in den meisten Fällen minimalinvasiv zu behandeln.

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By the way:

Bei einigen Völkern (z.B. in der Südsee) entsprechen schwarz gefärbte Zähne dem Schönheitsideal. Die Azteken bevorzugten seinerzeit dunkelviolette und rote Zähne, deren Färbung von Cochenille-Läusen kam. In Japan wurden bis ins 19. Jahrhundert Zähne als Zeichen der Vermählung geschwärzt. 

Wirkungsweise der oxidativen Zahnaufhellung

Gebräuchlicher Wirkstoff für das Bleaching ist Carbamidperoxid, dessen Wirkung eine Zufallsentdeckung war. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Mittel als Antiseptikum eingesetzt und bei gingivalen Entzündungen durch eine kieferorthopädische Behandlung in den KFO-Positionierer gefüllt. Ergebnis war ein Rückgang der Entzündung und – bis dato nicht bekannt – eine aufhellende Wirkung an den Zähnen. Und wie wirkt das Bleichmittel? Nach dem Kontakt mit Zahnschmelz, Ionen, Proteinen und Feuchtigkeit dissoziiert Carbamidperoxid in den aktiven Bestandteil.

 

Das freigesetzte Wasserstoffperoxid diffundiert in die Zahnhartsubstanz und führt zu einer Entfernung der eingelagerten Farbstoffe. Bei einigen Bleaching-Produkten wird Wasserstoffperoxid als direkter Wirkstoff verwendet, was eine schnellere Aufhellung zur Folge hat. Allerdings wirkt Carbamidperoxid weniger aggressiv und ermöglicht zudem, den eigentlichen Wirkstoff (Wasserstoffperoxid) in stabiler Form zu lagern. Dies ist nur eine verkürzte Darstellung des Prozesses. Zusammengefasst: Das Bleichmittel bewirkt durch die Abspaltung von Sauerstoff eine Oxidation von anorganischen Farbstoffmolekülen (siehe Grafik unten).

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Kosmetik oder zahnärztliche Leistung?

Lange Zeit war umstritten, von wem in welcher Konzentration Bleaching vorgenommen werden kann. Im Jahr 2012 ist eine Veränderung der Kosmetikverordnung in Kraft getreten. Diese besagt, dass für die Anwendung von Zahnaufhellern auf Basis von Wasserstoffperoxid, Carbamidperoxid und Zinkperoxid der Zahnarzt zuständig ist. Produkte mit einer Konzentration von mehr als 6 % Wasserstoffperoxid gelten als Medizinprodukte.

Externes Bleaching vitaler Zähne im Alltag 

Je nach Konzentration des Wirkstoffes werden verschiedene Bleichmittel und Methoden unterschieden:

1. Chairside-Bleaching:

Dabei wird ein hochkonzentriertes Bleichgel auf die Zähne aufgetragen. Das Zahnfleisch muss zum Schutz abgedeckt werden. Optional dienen Laser oder Halogenlampen (Wellenlänge zw. 400 und 500 nm) zur Katalyse. Nach der Therapie sind eine Politur und eine Fluoridierung empfohlen. Der Patient bleibt während der Behandlung auf dem Zahnarztstuhl.

2. In-Office-Bleaching: 

Die professionelle Bleichmethode erfolgt unter zahnärztlicher Beobachtung und ist bei stärkeren Verfärbungen indiziert. Das Bleichmittel – appliziert in einer Schiene – wirkt für 30 bis 60 Minuten ein. Der Patient bleibt währenddessen in der Praxis, z. B. im Wartezimmer.

3. Home-Bleaching: 

Der Patient wird einmalig in der Praxis angewiesen und füllt das Bleichmittel selbstständig in die individuell angefertigte Kunststoffschiene, die er während einer vorgegebenen Einwirkzeit trägt. Die Anwendung wird vom Patienten wiederholt, bis die gewünschte Aufhellung erreicht ist.

4. Freiverkäufliche Bleaching-Produkte:

(Wasserstoffperoxidkonzentration unter 0,1 %): Die Anwendung erfolgt ohne zahnärztliche Kontrolle. Die Produkte unterscheiden sich nach der Art der Applikation, z. B. durch Bleaching- Strips oder konfektionierte Schienen.

Saubere Arbeit: Risiken ausschließen

Unter Umständen können durch Bleaching lokale Nebenwirkungen auftreten, wie eine Überempfindlichkeit der Zähne oder Irritationen der Schleimhaut. Vereinzelt werden Schmelzrisse, eine rauere Zahnoberfläche oder weicherer Zahnschmelz beschrieben. Grundsätzlich gilt die Anamnese als wichtiger Aspekt. Bei Zähnen mit geschädigtem Zahnschmelz (Säure-Erosionen usw.) besteht die erhöhte Gefahr von Beeinträchtigungen der Zahnhartsubstanz. Der Einfluss auf die Mikrohärte plastischer Füllungsmaterialien wird in Studien kontrovers diskutiert. Zu beachten ist, dass Bleichmittel Zahnfüllungen (Kunststoff, Glasionomerzement) oberflächig erweichen können. Vorsicht ist bei provisorischen Kronen aus methacrylathaltigen Kunststoffen geboten, denn hier ist eine gelbliche Verfärbung möglich. Zudem sollte der Kontakt von Bleichmittel mit Amalgamfüllungen vermieden werden, da die Gefahr einer vermehrten Quecksilberfreisetzung besteht. Achtung heißt es auch bei der Eingliederung von keramischen Restaurationen. Der adhäsive Haftverbund ist nach dem Bleichen vermindert, weshalb ein zeitlicher Abstand zwischen Bleaching und Einsetzen angeraten ist. Durch eine professionelle Betreuung der Bleaching-Behandlung und die Verwendung bewährter Produkte können diese Risiken minimiert werden.

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Expertenmeinung

Dr. Verena Freier im Interview zum Bleaching

Bleaching in der Theorie: Alles schön und gut, aber wie sieht es mit der Praxis aus? Die junge Zahnärztin und Praxisgründerin Dr. Verena Freier erzählt uns in einem Experteninterview von ihren zahlreichen Erfahrungen mit Bleaching. Zudem gibt sie hilfreiche Tipps für andere Zahnärzte und Praxisgründer, die sich ebenfalls näher mit dem Thema beschäftigen wollen.

Frau Dr. Freier, wie kamen Sie zum Bleaching?

Bereits vor der Eröffnung meiner eigenen Praxis im Jahr 2015 habe ich mich intensiv mit dem Thema Bleaching auseinandergesetzt. Die Zahnmedizin ist so unglaublich vielfältig geworden und es ist quasi unmöglich, alles in einer hohen Qualität anzubieten. Mein Lieblingsgebiet war schon immer die Ästhetische Zahnheilkunde. Darin habe ich deshalb ein Curriculum absolviert und mein komplettes Praxiskonzept rund um die Ästhetik aufgebaut. Bleaching ist darin ein sehr wichtiger Baustein.

Wie würden Sie den typischen Bleaching-Patienten beschreiben?

Auch wenn ich mich schon sehr lange mit der Zahnaufhellung beschäftige, kann ich keinen typischen Patienten benennen. Es kommen sowohl Männer als auch Frauen in allen Altersklassen mit dem Wunsch nach helleren Zähnen. Die älteste Patientin, die ich bisher mit einem Bleaching behandelt habe, war Ende 70. Im privaten Umfeld passiert es immer wieder mal, dass man in größeren Gruppen mal „heimlich“ zur Seite genommen wird und es um einen zahnmedizinischen Rat geht. Dann geht es in 90 % der Fälle lustigerweise ums Bleaching!

Wie läuft eine Behandlung bei Ihnen in der Praxis ab?

Zuerst führe ich ein intensives Anamnesegespräch mit den Patienten, bei dem folgende Fragen beantwortet werden:


Wie steht es um die (Zahn-)Gesundheit des Patienten? Bei bestimmten Krankheiten und während der Schwangerschaft sollte man besser auf das Bleaching verzichten. Gerade bei Schwangeren ist das Zahnfleisch empfindlicher und stärker durchblutet. Es ist außerdem noch nicht untersucht, ob dem Fötus dadurch geschadet werden könnte.
Wie stark sollen die Zähne aufgehellt werden? Die Wünsche reichen hier von einem California White bis zu einer leichten natürlichen Aufhellung zum Herantasten und Ausprobieren.
Wie viele Zähne sollen gebleacht werden? Sollen alle Zähne aufgehellt werden oder besteht ein Problem mit einem einzelnen Zahn? Dann muss eine sehr individuelle Therapie erarbeitet werden.
Welche Preisvorstellung hat der Patient? Es gibt unterschiedlichste Bleaching-Methoden und es ist eigentlich für jedes Budget etwas dabei. Bei uns in der Praxis bekommt man Behandlungen ab 40 € und bis ungefähr 500 €.


Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Behandlung? Der Patient muss sich im Anschluss an die Behandlung für 48 Stunden einschränken und darf z. B. weder rauchen noch Kaffee, Tee oder Rotwein trinken. Man sollte den Patienten daher fragen, was er die Tage nach dem Bleaching vorhat. Steht z. B. eine Hochzeit an, bei der man gerne auch mal ein Glas Rotwein trinken würde, sollte man besser nach einem anderen Termin suchen! Hält der Patient sich nicht daran, kann es nämlich passieren, dass die Zähne einen Blaustich bekommen.

Welchen Tipp können Sie anderen Zahnärzten geben, die sich näher mit der Thematik beschäftigen wollen?

Die Grundlagen zum Bleaching bekommt man bereits im Studium gelehrt. Die Frage ist, was man daraus machen will. Mein Ziel ist es, dass Patienten gezielt in unsere Praxis kommen, weil sie schöne Zähne wollen, und die Praxis sich einen entsprechenden Ruf erarbeitet. Deshalb ist Bleaching in meiner Praxis nichts, was nebenher läuft und von meinem Team im Alleingang vorgenommen wird. Bleaching ist eine Behandlungsmethode wie jede andere auch und ich lege daher auch großen Wert darauf, die Patienten persönlich zu beraten, aufzuklären und ein optimales Behandlungsergebnis herbeizuführen. Um sich intensiv einzuarbeiten, muss man am Ende des Tages viel probieren. Ich teste z. B. auch Produkte an mir, um den Patienten eine kompetente Empfehlung aussprechen zu können.

Dr. Verena Freier...

... eröffnete im Dezember 2015 ihre Zahnarztpraxis in Bad Soden im Taunus. Die dent.talents.-Redaktion begleitete sie intensiv und dokumentierte die Praxisgründung vom Rohbau bis zur Eröffnung nach gerade mal drei Monaten. Ihre komplette Gründungsgeschichte kannst du hier nachlesen.

Vielen Dank für das Interview!