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Praxis und Familie im Gleichgewicht

Selbstständigkeit und Familienleben – passt das zusammen? Und ob! Es liegt in deiner Hand, die passenden Voraussetzungen dafür zu schaffen und den Praxisalltag familientauglich zu gestalten. Lass dich inspirieren von den Erfahrungsberichten erfolgreicher Gründerinnen sowie zahlreichen Tipps.

“Klare Absprachen sind besonders wichtig.”

Dr. Marie-Helen Lütkhoff

Dr. Marie-Helen Lütkhoff hatte bereits seit gut drei Jahren ihre eigene Praxis geführt, als sie im November 2020 ihre Tochter zur Welt brachte. „Meiner Erfahrung nach ist es bei der Familiengründung besonders wichtig, klare Absprachen mit dem Partner hinsichtlich der Schwangerschaft und der ersten Zeit nach der Geburt zu treffen“, so die Kieferorthopädin. Ihr Ziel war es, bis zum letzten Tag zu arbeiten und kurz nach der Entbindung wieder durchzustarten. „Daher war klar, dass ich nicht die hauptbetreuende Person sein kann. Mein Mann hat diese Rolle übernommen.“ Dr. Lütkhoff achtet darauf, möglichst viel Zeit mit der Familie zu verbringen. In der ersten Zeit nach der Geburt hat sie dazu die Terminauslastung in der Praxis entsprechend angepasst. „Ich habe die Termine kurz nach der Geburt im Dezember reduziert und Neuaufnahmen auf das neue Jahr geschoben.“ Mittlerweile ist ihre Tochter ein Jahr alt und geht in die Kita. Für selbstständige Kolleginnen mit Kinderwunsch hat sie einen Rat:

“Man darf nie das Gefühl haben eine schlechte Mama zu sein, weil man kurz nach der Geburt wieder arbeiten geht”

Von der Politik wünscht sie sich mehr Engagement dafür, selbstständige Frauen beim Thema Familiengründung zu fördern und sie nicht in vielen Bereichen auszubremsen. Dies gelte zum Beispiel in Bezug auf das Thema zahnärztlicher Notdienst. So haben selbstständige Zahnärztinnen bisher nicht überall die Möglichkeit, sich wegen Schwangerschaft vom zahnärztlichen Notdienst befreien zu lassen.


“Die Schwangerschaft war die ideale Zeit, um zu gründen”

Andreea Tiplic

Andreea Tiplic ging ihre Praxisgründung als angestellte Zahnärztin an – und zwar während des Beschäftigungsverbots in der Schwangerschaft und der anschließenden Elternzeit. „Für mich war die Schwangerschaft die ideale Zeit, um zu gründen. Ich hatte so viel freie Zeit und Energie, das war toll.“ Der Zahnärztin war schnell klar, dass sie eine Praxis auf dem Land übernehmen wollte. Dieses Ziel besprach sie mit ihrem Mann. „Er hat mich von Beginn an voll unterstützt“, so Tiplic. Die Suche nach dem passenden Objekt gestaltete sich zunächst schwierig: „Und dann war unser Sohn da, und ich hatte keine Praxis.“ Während der einjährigen Elternzeit suchte die Zahnärztin weiter, nach rund sechs Monaten wurde sie fündig. Sie gestaltete die Räumlichkeiten neu und eröffnete ihre Praxis pünktlich zum Ende der Elternzeit.

Mit der Praxiseröffnung habe sich ihr Mann entschieden, seinen Beruf aufzugeben und als Papa zu Hause zu bleiben. Darüber hinaus arbeitet er auf 450€-Basis in der Praxis und kümmert sich um IT-Anliegen. „Wir leben sozusagen das umgekehrte klassische Rollenbild“, so Tiplic. Als selbstständige Zahnärztin hat sie sich zudem Freiräume für das Familienleben geschaffen. Zweimal die Woche schließt sie die Praxis bereits mittags und holt den Sohn vom Kindergarten ab. Deshalb lautet ihr Fazit:

“Es ist durchaus möglich, den Praxisalltag familientauglich zu gestalten”


“Das Zeitmanagement in der Praxis ist das Wichtigste”

Dr. Antonia Steuber

Dr. Antonia Steuber hat sich für eine Praxisneugründung entschieden, als ihr Sohn zwei Jahre alt war. Um mit Kind den Start in die Selbstständigkeit zu wagen, sollten Zahnärzt:innen aus ihrer Sicht die richtigen Voraussetzungen schaffen.

“Das Ganze ist nur machbar, wenn einen jemand unterstützt und zum Beispiel im Notfall die Kinderbetreuung übernimmt”

Die Gründungsphase von Dr. Steuber war aufwendig. „Die Immobilie wurde vorher nicht als Zahnarztpraxis genutzt und war veraltet. Wir mussten daher kernsanieren.“ Auf der Baustelle hatte sie oft ihren Sohn dabei, denn zur Gründungszeit – Anfang 2021 – hatte die Kita wegen Corona vorübergehend geschlossen.

Bei Geschäftsterminen übernahmen Familienmitglieder die Betreuung, manchmal konnte auch ihr Mann einspringen. „Mein Mann ist auch selbstständig und arbeitet Vollzeit.“

Die Abholung des Sohnes von der Kita ist seit Eröffnung der Praxis eine gemeinsame Familienaufgabe. Je nach Tag übernimmt dies entweder Dr. Steuber selbst, ihr Mann oder die Großmütter. Um in der Praxis pünktlich fertig zu werden, sei „Zeitmanagement das Allerwichtigste“. Dafür benötige es eingespielte Praxisprozesse, die Dr. Steuber nach etwa ein bis zwei Monaten erreicht habe. Zusätzlich plant sie einen Puffer ein. „Es klappt nicht immer alles minutengenau. Ich habe daher mit der Kita eine Zeitspanne vereinbart, in der ich meinen Sohn abhole.“

Außerdem ist es aus ihrer Sicht sinnvoll, bei der Kinderbetreuung immer „einen Joker in der Hinterhand zu haben“ – für den Fall, dass eine Person ausfällt, könne eine andere einspringen. Und bei all den Aufgaben im Berufsleben dürfe man eines nicht vernachlässigen: die Beziehung zum Partner. Um die zu pflegen, können Auszeiten zu zweit helfen.

“Mach es einfach”

Maria Mirsei

Maria Mirsei arbeitet als angestellte Zahnärztin – und hat während dieser Tätigkeit auch ihren Sohn bekommen. Gewisse Annehmlichkeiten schätzt sie als Angestellte durchaus, gerade als Mutter. „Du bekommst Mutterschaftsgeld. Wenn du krank bist, wirst du weiterhin bezahlt. Und du musst nicht die Verantwortung für die ganze Praxis tragen.“

Dennoch: Frau Mirsei hat in mehreren Praxen gearbeitet, und insgesamt überwiegen für sie die Nachteile. Als Angestellte müsse man sich unterordnen. Das sei besonders bitter, wenn die Chef:innen keine guten Vorbilder seien – und etwa „nur auf Masse setzen“, statt eine gute Behandlungsqualität anzubieten. Frustriert sei sie auch von leeren Versprechungen. „Mir wurde zum Beispiel zugesagt, bei chirurgischen Eingriff en assistieren zu dürfen, die für mich neu waren. Doch daraus wurde leider nichts.“

Diese Situation bestärkte in ihr den Wunsch nach Selbstständigkeit. Seit einiger Zeit beschäftigt sie sich mit den Möglichkeiten. Ihr Sohn geht inzwischen in die zweite Klasse, und Frau Mirsei hat mehr Zeit, sich auf die Karriere zu konzentrieren. So ist sie derzeit im Gespräch mit Inhaber:innen einer Berufsausübungsgemeinschaft, um als weitere Gesellschafterin einzusteigen.

Rückblickend ist für sie die Familiengründung während der Angestelltenzeit ein Weg, den sie nicht unbedingt für nachahmenswert hält. „Wer im Angestelltenverhältnis nicht glücklich ist und sein eigener Chef sein will, dem kann ich nur raten: Mach es einfach, eröffne deine Praxis frühzeitig und starte dann mit der Familiengründung.“

Starkes Team, gute Balance

Geht es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, werden Gründer:innen häufig Kooperationen empfohlen. Was hat es damit auf sich – und ist der Zusammenschluss mit anderen Zahnärzt:innen auch etwas für dich?

 

 

Einzelpraxen sind nach wie vor das Mittel der Wahl, wenn Zahnärzt:innen sich selbstständig machen. Gut sieben von zehn Personen gründen eine Einzelpraxis, wobei sich die Mehrheit für eine Übernahme entscheidet.* Dass die Einzelpraxis so beliebt ist, hat seine Gründe. Viele Nachwuchsmediziner:innen schätzen die Unabhängigkeit – sie wollen ihre eigene Chefin/ihr eigener Chef sein und ihr Praxiskonzept frei verwirklichen. Auch lässt sich die Tätigkeit in der eigenen Praxis mit dem Familienleben vereinen, wie die Erfahrungsberichte auf den vorherigen Seiten zeigen. Hilfreich dafür sind beispielsweise reduzierte Praxisöffnungszeiten oder auch die Anstellung weiterer Zahnärzt:innen.

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Schwanger als Praxisinhaberin

 

Die Ausgangslage während der Schwangerschaft unterscheidet sich bei selbstständigen Zahnärztinnen deutlich von der angestellter Kolleginnen. So haben selbstständige Zahnärztinnen in der Regel keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Auch das Beschäftigungsverbot für die Patient:innenbehandlung greift nicht. Selbstständige Zahnärztinnen entscheiden also nach eigener Risikoabwägung darüber, wie lange sie vor der Entbindung noch ihren Beruf ausüben. Dabei gibt es die Möglichkeit, bis unmittelbar vor der Geburt zu arbeiten und auch danach direkt wieder einzusteigen. Wenn sie ihre Praxis schließen, müssen sie sich um eine Vertretung kümmern. Der Bezug von Elterngeld ist jedoch auch für selbstständige Zahnärztinnen möglich.

Im Team gründen

Doch neben der Einzelpraxis gibt es mit Kooperationen eine weitere Möglichkeit, sich als Zahnärztin oder Zahnarzt selbstständig zu machen. Statt alles allein zu managen, schließt du dich dabei mit anderen Teilhaber:innen zusammen. Gemeinsam könnt ihr zum Beispiel eine Berufsausübungsgemeinschaft gründen. Diese Variante ist weit weniger verbreitet: Nur knapp ein Drittel (28 Prozent) der Gründer:innen entscheidet sich für Kooperationen.*

 

Doch auch diese Niederlassungsformen haben gewisse Vorzüge, gerade was das Thema Work-Life-Balance betrifft. Bevor du mit der Gründung startest, empfiehlt es sich daher, einen genaueren Blick auf Kooperationen zu werfen. So findest du heraus, ob diese Alter[1]native für dich infrage kommen könnte.

Für wen eignen sich Kooperationen?

Könntest du dir vorstellen, gemeinsam mit anderen Zahnärzt:innen eine Praxis zu führen? Falls du beim Lesen dieser Frage innerlich schon zusammengezuckt bist und sie für dich intuitiv mit „Nein“ beantwortet hast, hörst du am besten an dieser Stelle zu lesen auf und beschäftigst dich direkt mit der Einzelpraxis. Falls du die Praxisführung im Team hingegen interessant findest: Bitte weiterlesen!

Worauf kommt es an, damit eine Kooperation gelingt?

Es gibt sehr viele Beispiele erfolgreicher Kooperationen unter Zahnärzt:innen. Wer sich für den Schritt entscheiden möchte, sollte sich aber unbedingt mit den Risiken dieser Niederlassungsformen beschäftigen. Es gilt, zahlreiche Entscheidungen zusammen zu treffen, zum Beispiel in puncto Behandlungsmethoden, Software, Honorarverteilung oder Mitarbeiter:innenauswahl und -führung. Gehen die Vorstellungen der Zahnärzt:innen zu weit auseinander, drohen anhaltende Konflikte bis hin zur Praxisschließung. Achte daher unbedingt darauf, dass ihr menschlich gut zueinander passt. Und um unnötigen Konfl ikten vorzubeugen, hilft es, Grundregeln, am besten schriftlich, festzulegen. Dazu zählen zum Beispiel Vereinbarungen hinsichtlich Praxiskonzept und -führung sowie ein gemeinsames Werteverständnis für den guten Umgang.

Wie fördern Kooperationen die Work-Life-Balance?

Bei Kooperationen lässt sich die Arbeitslast im Vergleich zur Einzelpraxis senken. Das Prinzip: Administrative Aufgaben werden auf mehrere Schultern verteilt – zum Beispiel, indem sich eine Person stärker auf die Teamführung konzentriert und die andere sich um Abrechnungsthemen kümmert. Zugleich können deine Kolleg:innen und du Kosten sparen, weil ihr gemeinsam Räume und Technik nutzt und mit einem Team arbeitet. Ein großer Vorteil ist auch die einfache Vertretung in der Praxis. Andere Zahnärzt:innen können einfach für dich einspringen – das ist bei Krankheit oder Urlaub sowie insbesondere während der Schwangerschaft hilfreich.

 

Darüber hinaus kann der fachliche Austausch mehr Sicherheit bei der Einordnung medizinischer Sachverhalte geben. Durch den Zusammenschluss mit anderen Zahnärzt:innen hängt auch nicht mehr alles nur von deiner Leistung ab. Vielmehr ist es möglich, durch unterschiedliche Spezialisierungen im Team ein breiteres Behandlungsspektrum in einer Praxis anzubieten.

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Erhalte Unterstützung von Expert:innen

Die Expert:innen von Henry Schein Dental stehen dir bei allen Phasen der Gründung zur Seite – vom ersten Konzept über rechtliche und finanzielle Fragen bis hin zu Standortwahl und Praxiseinrichtung.

 

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Praxis und Familie: Darauf kommt es an

Um Berufs- und Privatleben als selbstständige Zahnärztin und selbstständiger Zahnarzt gut zu vereinen, spielen viele Faktoren eine Rolle. 

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