1. Orientierungsphase
Beginn: Spätestens 2 Jahre vor der Praxiseröffnung.
Fokus: Die eigenen Wünsche und Ziele herausarbeiten.
Selbstanalyse: Arbeitet euer persönliches Stärken-/Schwächen-Profil heraus und definiert eure eigenen mittel- und langfristigen Ziele. Wichtig: Hinterfragt sowohl eure beruflichen als auch eure privaten Ziele und setzt diese in ein realistisches Verhältnis.
Inspiration: Sammelt möglichst vielfältige Beispiele von Praxiskonzepten und Gestaltungsmöglichkeiten, um zu erkennen, wie eure Traumpraxis aussehen könnte. Unter anderem findest du hier viele Geschichten von Gründer:innen mit Praxisbildern sowie Interviews über die unterschiedlichen Erfahrungen im Gründungsprozess.
Prüfung Arbeitsvertrag: Behaltet schon jetzt Probezeiten und Kündigungsfristen im Blick und achtet bei neuen Stellen darauf, dass der Vertrag euren Plänen entgegenkommt.
Urlaubsplanung: Jetzt ist in den meisten Fällen eine letzte gute Möglichkeit für eine lange Reise. Nutzt die Zeit, um noch einmal ganz unbelastet eure Freiheit zu genießen.
2. Planungs- und Vorentscheidungsphase
Beginn: Typischerweise etwa 1,5 Jahre vor der Praxiseröffnung.
Fokus: Die Grundsatzentscheidungen treffen.
Praxiskonzept: Auf Basis eurer Selbstanalyse erarbeitet ihr euch jetzt das Konzept für eure zukünftige Praxis. Wichtig: Die grundlegende Idee eures Praxiskonzeptes muss eure Kompetenz bestmöglich zum Einsatz zu bringen. Konzentriert euch dabei auf eure Stärken – und feilt nicht an euren Schwächen herum.
Standortsuche: Startet jetzt die Suche nach den passenden Räumlichkeiten für eure Praxis. Wichtig: Wenn die eigenen Kriterien feststehen, sollte man sie mit möglichst vielen Objekten abgleichen. Nutzt für eure Suche deshalb eine große Datenbank, etwa die Objektbörse von dent.talents. by Henry Schein und gebt auch ein Objektgesuch auf.
Standortanalyse: Wenn eine oder mehrere infrage kommende Räumlichkeiten gefunden sind, müssen sie auf Herz und Nieren geprüft werden. Wichtig: Nutzt auch das Angebot der KZV für ein Beratungsgespräch – und zwar VOR eurer finalen Standortentscheidung.
Netzwerk aufbauen: Jetzt ist der perfekte Moment, sich intensiver mit anderen Gründer:innen, Fachleuten und Berater:innen zu vernetzen, etwa auf Praxisgründer-Workshops. Der Austausch mit Gleichgesinnten über Möglichkeiten und Ziele ist motivierend. Enge Kontakte können auch in späteren Phasen helfen, Stolpersteine zu überwinden.
3. Entscheidungsphase
Beginn: Etwa 1 Jahr vor der Praxiseröffnung.
Fokus: Finanzierung, Umbau und Einrichtung planen.
Finanzierungsplanung: Spätestens jetzt ist es Zeit für eine intensive Auseinandersetzung mit den betriebswirtschaftlichen Aspekten eurer Planung. Das Herzstück einer jeden Finanzierung ist die Wirtschaftlichkeitsrechnung. Sprecht deshalb geplante Investitionen sowohl mit euren Finanz- und Steuerberatenden durch, als auch mit Dental-Spezialist:innen. Wichtig: Lasst unterschiedliche Finanzierungen wie z.B. Leasing für Praxisgründer:innen durchrechnen, um die für eure Praxis optimale Lösung zu finden.
Planung des Digitalen Workflows: Startet nicht mit der Auswahl von Geräten, sondern nehmt den zukünftigen Prozess in den Fokus - sowohl den Ablauf, die Struktur und die Integration innerhalb der Praxis, als auch den Workflow mit dem Labor. Gerade die Kompatibilität birgt viele Stolpersteine, ohne spezialisierte und anbieterunabhängige Beratung ist man verloren.
Prüfung Altgeräte: Wenn ihr Altgeräte übernehmt, ist eine sorgfältige Prüfung wichtig. Z.B. entsprechen viele Behandlungseinheiten in älteren Praxen den heutigen Bestimmungen nicht mehr. Auch alle Gerätebücher solltet ihr euch sehr genau ansehen. Lasst im Zweifel die Funktionstüchtigkeit der Geräte über den Dentalfachhandel prüfen.
Für Entlastung sorgen: Diese Phase wird von vielen Gründer:innen als besonders belastend empfunden, weil so weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Überlegt euch, was euch entlasten kann: Ein Wochenende mit Freunden am Meer, um den Kopf frei zu bekommen? Oder lieber intensiverer Austausch mit anderen Gründer:innen? Auch Beratungstermine mit Gründungsberatenden aus der Dentalbranche geben Sicherheit und Orientierung, gerade in den Bereichen, die besonders Kopfzerbrechen machen.
4. Umsetzungsphase
Beginn: In der Regel 6 Monate vor Praxiseröffnung.
Fokus: Abschließen von Verträgen, Vergabe von Aufträgen, Kontrolle der Umsetzung.
Personalsuche: Spätestens jetzt müsst ihr euer Praxisteam komplettieren. Wichtig: Prüft bei der Übernahme von Personal die Arbeitsverträge der Mitarbeiter:innen inkl. Arbeitszeugnis sorgfältig - und wenn es keinen Vertrag gibt, sollte in jedem Fall einer unterzeichnet werden.
Bestellung Material- und Instrumentenerstausstattung: Unterschätzt nicht den Aufwand für die Auswahl des perfekten Materials. Die Grundausstattung einer modernen Zahnarztpraxis summiert sich schnell auf bis zu 1.000 verschiedene Artikel. Wichtig: Hier gilt es, eure neu gewonnene Einkaufsmacht geschickt einzusetzen. An Stelle langer Preisrecherchen im Internet lohnt es sich, mit Händler:innen gut zu verhandeln – oftmals gibt es vom Fachhandel gemeinsame Angebote mit der Industrie speziell für Praxisgründer:innen - so spart ihr außerdem langfristig Zeit, weil alles aus einer Hand kommt.
Zulassung: ihr müsst eure Zulassungsunterlagen selbst bei der KZV einreichen. Wichtig: Informiert euch schon vorher über die Sitzungstermine des Zulassungsausschusses, damit die Zeit am Ende nicht zu knapp wird.
Unterstützung einfordern: Die Umsetzungsphase ist häufig die arbeitsintensivste Zeit einer Gründung. Freunde und Familienangehörige können eine wichtige Hilfe sein, etwa in dem sie an anderen Stellen entlasten. Am besten funktioniert das, wenn ihr vorher über eure eigenen Erwartungen sprecht, und klar sagt, welche Form der Unterstützung ihr euch wünscht.
5. Finale
Die letzten 4 Wochen vor Praxiseröffnung.
Fokus: Das Projektmanagement der noch anstehenden Arbeiten, damit alles rechtzeitig fertig ist.
Termin- und Ablaufplanung: Vereinbart spätestens jetzt sämtliche Montage- und Einbautermine, die noch offen sind und plant alles genau durch. Wichtig: Lasst euch alle Details und vereinbarten Fertigstellungsfristen schriftlich bestätigen.
Einschwören des Teams: Vergesst im Stress der letzten Wochen nicht die Menschen, mit denen ihr zukünftig eure Arbeitstage verbringen werdet. Besprecht in gemeinsamen Meetings die Rollen und Verantwortlichkeiten. Nehmt euch die Zeit, eure Mitarbeiter:innen und deren Stärken und Schwächen kennenzulernen und hört vor allem gut zu, wenn Vorschläge gemacht oder Erwartungen formuliert werden.
Übergabe: Nach der Praxismontage solltet ihr euch ausreichend Zeit für die Übergabe und Einweisung nehmen. Bei der Einweisung sollten auch die Praxismitarbeiter:innen dabei sein. Wichtig: Plant Zeit für einen Probelauf ein, um mit einem oder einer „Testpatient:in“ noch vor der Eröffnung alle Prozesse und Geräte zu testen.
Genießt euren Erfolg!
Eine Eröffnungsfeier erfüllt nicht nur Marketingzwecke, sondern ist auch ein wichtiges symbolisches Ereignis für euer Team, für euer privates Umfeld und nicht zuletzt für euch selbst: Ihr habt die Gründungsphase erfolgreich gemeistert - jetzt geht es tatsächlich los!
Dennis Schaffer
...begleitet mit seinem Team als Vertriebsleiter Praxisgründer:innen in Baden-Württemberg bei ihrem Schritt in die Selbstständigkeit. Seine Erfahrung zeigt: "Als Gründer muss man vertrauen können: Seinem Team, seinen Beratern und seinem privaten Umfeld - das erfordert Mut und Stärke. Wer sich traut auch mal abzugeben, ist am erfolgreichsten."
*Hinweis: Der Artikel ist zuerst im Magazin "der junge Zahnarzt" erschienen, wurde hier zweitveröffentlicht und minimal angepasst.
…und nun wie versprochen:
1. Passen die Räumlichkeiten zum Praxiskonzept?
Der Grundriss zeigt in der Regel den Status Quo. Jetzt gilt es kreativ zu werden und zu überprüfen, ob die eigenen Vorstellungen in Räumen realisierbar sind. Praxisplaner:innen können dabei unterstützen und bringen das notwendige Know-how rund um gesetzliche Anforderungen und optimale Arbeitsabläufe mit. Im Praxiskonzept wurden idealerweise die „Wunschpatient:innen“ definiert. Doch sind die Räumlichkeiten für diese auch gut erreichbar? Wie ist der Anschluss mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zielt das Raumkonzept der Zahnarztpraxis auf Patient:innen ab, die die Praxis mit dem Auto besuchen? Dann sollten ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden sein. Zu guter Letzt sollte vor der finalen Entscheidung der Wettbewerb und dessen potenzielle Entwicklung in den nächsten Jahren überprüft werden.
2. Was soll die Zahnarztpraxis ausstrahlen?
Einfluss auf die Atmosphäre nimmt eigentlich jedes Element der Zahnarztpraxis: Die Möbel, die Wand- und Deckengestaltung, die Farbwahl, Beleuchtung, aber auch die Geräte. Das Besuchererlebnis der Patient:innen wird dadurch maßgeblich geprägt. Bei der Auswahl der Einrichtungselemente sollte auch die gewünschte Wirkung bedacht werden. Sind z.B. Angstpatient:innen ein großer Teil der Zielgruppe, so sind beruhigende Elemente empfehlenswert. Bei der Zielgruppe Kinder sind dabei ganz andere Stilmittel gefragt. Ein Magnet für die eigenen Wunschpatient:innen können persönliche Elemente in der Praxis sein. Bilder von Reisen oder anderen Dingen, die Praxisinhaber:innen begeistern, lösen bestenfalls dieselbe Begeisterung bei den Patient:innen aus.
3. Wie soll sich die Praxis entwickeln?
Entscheidungen bei der Praxisplanung haben langfristige Auswirkungen. Gut beraten ist der, wer sich möglichst viele Optionen hinsichtlich Ausstattung und Räumlichkeit offen hält. Praxisgründer:innen nehmen sich daher am besten schon vorher Zeit, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Dabei können folgende Fragen helfen:
- Wie könnte sich die Zahl der Behandelnden entwickeln und wie viele Behandlungszimmer wären dann sinnvoll? Vielleicht lassen sich weitere Zimmer vorbereiten?
- Welche privaten Ziele sind geplant und welche Auswirkungen haben diese auf die Praxis?
- Wie wird sich der Anteil an Prophylaxe entwickeln? Passt das zu der Anzahl der Behandlungszimmer?
- Bieten die Räumlichkeiten im Hintergrund, wie z.B. der Steri-Raum, ausreichend Möglichkeiten auf zukünftige gesetzliche Bestimmungen zu reagieren? Am Minimum planen, könnte eines Tages als Bumerang zurückkommen.
Top Tipp zum Schluss:
Vielen Gründer:innen hilft es neben einer Wunschliste auch eine Liste mit No Gos zu führen. Dabei lohnt sich ein Blick zurück: Was lief in den bisherigen Praxen gut oder schlecht, z.B. in der Assistenzzeit. Was waren die Gründe dafür und wie könnte das besser gelöst werden?