Das Lernen findet auch nach dem Examen noch lange kein Ende, auch wenn es ab sofort deutlich mehr Spaß machen darf!
Im Gegensatz zur Humanmedizin, wo eine Facharztausbildung an einer Klinik und unter Anleitung von Oberärzt:innen obligatorisch ist, beginnt für Zahnmediziner:innen mit der Approbation sofort das "wahre Leben". Theoretisch wäre es sogar möglich, sich mit einer Privatpraxis ohne Kassenzulassung sofort den Traum von der eigenen Praxis zu verwirklichen.
Bedeutet die Approbation also, dass man auch mit dem Rüstzeug ausgestattet ist, um bis ans Ende der Karriere gut zurechtzukommen? Das ist mitnichten der Fall. Nicht ohne Grund gibt es für Zahnmediziner:innen die Pflicht zur kontinuierlichen Fortbildung. Diese hat sogar Eingang in die Berufsordnung gefunden. Das Lernen findet somit auch nach dem Examen noch lange kein Ende, auch wenn es ab sofort deutlich mehr Spaß machen darf!
Sicherlich kennt man aus der Universität den beflügelten Satz, dass die Halbwertszeit von medizinischem Wissen fünf Jahre beträgt. Auch wenn über die Richtigkeit dieses Zeitraums gestritten werden kann, ist es unumgänglich seinem Wissensschatz regelmäßig zu pflegen und auszubauen. Es gibt einen rasanten Wissensfortschritt, und es lässt sich nicht vermeiden, dass Fachwissen im Laufe der Zeit vergessen wird. Neben dem Erwerb neuen Wissens geht es daher bei Fortbildungen auch immer um das Wiederholen bekannter Inhalte.
Je nach Praxiskonzept und individuellem Anspruch findet man sich in einer Anstellung irgendwo zwischen Kassenversorgung und universitärem Anspruch wieder. Schnell wird klar, dass es viele Fachbereiche gibt, die im Studium nicht in ihrer ganzen Bandbreite abgedeckt wurden. Über das theoretische Wissen zur Eingliederung einer Zahnspange, der Entfernung eines impaktierten Weisheitszahnes oder einer Rezessionsdeckung könnte man zweifellos nach dem Examen aus dem Stehgreif einen 10-minütigen Vortrag über die möglichen Eingriffe zu halten, aber es ist nicht nur rechtlich gesehen keine gute Idee, diese auch sofort an Patient:innen umzusetzen. In der Assistenzzeit hat man zwar noch keine Pflicht Fortbildungspunkte zu sammeln, allerdings bietet sich der Beginn der beruflichen Karrieren besonders an um den Bereich der Zahnmedizin zu finden, in dem man sich vorstellen kann langfristig tätig zu sein.
Welche Möglichkeiten gibt es nun, entweder als Generalist:in einzelne Behandlungsmethoden zu verbessern oder vielleicht sogar als Fachärzt:in seine Berufslaufbahn auf einen ganz spezifischen Fachbereich auszurichten?
David Lukas Stark
Hat sein Zahnmedizinstudium in Münster absolviert und arbeitet seit Februar 2021 als Zahnarzt. Bei Tomorrowdent kümmert er sich um die Fortbildungen im Bereich „Digitale Zahnmedizin“.
Facharztausbildung und MKG
Die wahrscheinlich bekanntesten, aber auch zeitaufwendigsten Spezialisierungen der Zahnmedizin sind die drei Facharztausbildungen in Kieferorthopädie, Oralchirurgie oder Parodontologie. Nach einem allgemeinzahnärztlichen Jahr beginnt die dreijährige Weiterbildung die etwa 5000 Stunden umfasst. Es gibt einen definierten Ausbildungskatalog, der in dieser Zeit erfüllt werden muss, die weiteren Ausbildungsinhalte können aber je nach Standort stark variieren. Weiterbildungsstellen werden sowohl von Kliniken als auch von qualifizierten Praxen angeboten. Häufig ist von den drei Jahren Weiterbildung mindestens ein Jahr an einer Klinik erforderlich.
Ebenfalls muss beachtet werden, dass Tätigkeit in der Selbstständigkeit meist nicht angerechnet werden kann. Wichtig: Die Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landeszahnärztekammer gibt die verbindlichen Regelungen für die Anrechnung der Weiterbildung vor. Nach drei Jahren erfolgt eine mündliche Facharztprüfung vor einer Prüfungskommission der Landeszahnärztekammer.
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Die meisten Kammerbereiche schreiben vor, mindestens ein Jahr der Weiterbildung Vollzeit an einer ermächtigten Universitätsklinik abzuleisten. Vorsicht, manche Kliniken bieten nur Teilzeitstellen an, dadurch wird das „Klinikjahr“ entsprechend verlängert.
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Die Weiterbildung kann in der chirurgischen Abteilung einer Klinik aber auch in qualifizierten niedergelassenen Praxen erfolgen. In einigen Kammerbezirken dürfen seit einigen Jahren sogar die gesamten drei Jahre in einer niedergelassenen Praxis absolviert werden.
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Den offiziellen Titel Fachzahnarzt oder Fachzahnärztin für Parodontologie gibt es nur im Kammerbereich Westfalen-Lippe, in anderen Kammerbezirken wurde stattdessen die Bezeichnung Spezialist:in für Parodontologie eingeführt. Die Ausbildung ist aber identisch: mindestens zwei Jahre der Fortbildung müssen in einer parodontologischen Abteilung einer Universitätsklinik oder einer vergleichbaren Ausbildungsstätte abgeleistet werden. Ein Jahr kann in einer anerkannten Ausbildungsstätte abgeleistet werden.
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Mund-Kiefer-Gesichtschirurg:innen benötigen die doppelte Approbation der Zahn- und Humanmedizin sowie eine mindestens fünfjährige Facharztausbildung. Wie bei allen anderen humanmedizinischen Facharztausbildungen erfolgt diese an einem Klinikum. Es ist meist einfacher, zunächst Humanmedizin zu studieren, da die Approbationsordnung der Zahnmedizin klare Regeln für die Anrechnung des Medizinstudiums vorgibt. Andersherum ist dies leider nicht der Fall, eine Anerkennung ist trotzdem möglich, wird aber je nach Uni sehr unterschiedlich gehandhabt. Wenn zuerst Zahnmedizin studiert wurde, kann man nach der neuen Musterweiterbildungsordnung MKG parallel zum Zweitstudium der Humanmedizin zahnärztlich arbeiten (z.B. in den Semesterferien). Insofern dies als Weiterbildung zum Zahnarzt für Oralchirurgie bei weiterbildungsberechtigten Kolleg:innen für MKG-Chirurgie erfolgt, kann ein Jahr zahnärztlicher Tätigkeit auf die spätere Facharztausbildung der MKG angerechnet werden.
Master-of-Science-Studiengänge
In den letzten Jahrzehnten haben sich vermehrt Master of Science-Studiengänge etabliert. Nach dem Zahnmedizinstudium kann man diesen akademischen Grad berufsbegleitend erlangen. Studiengänge über zwei oder vier Semester werden an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland angeboten. Abschlüsse zum Master of Science sind in zahlreichen Fachgebieten möglich, unter anderem in der Implantologie, Parodontologie, Kieferorthopädie, oder Endodontie. Die Module finden meist an mehreren Wochenenden im Jahr entweder remote oder am Standort der jeweiligen Universität statt. Am Ende des Studiengangs erfolgt eine Master-Thesis, die oft im Rahmen einer mündlichen Abschlussprüfung verteidigt wird. Die Kosten berechnen sich je nach Dauer des Studiengangs und liegen pro Jahr bei etwa 13.000 bis 17.000€.
Curricula
Curricula bieten im Bereich der strukturierten Fortbildungen oft eine günstigere und weniger zeitaufwendige Möglichkeit der Fortbildung. Ein relevanter Bestandteil eines Curriculums sollten praktische Übungen sein, sodass man während der Kurse sofort die Möglichkeit hat, das Erlernte unter Anleitung anzuwenden. So werden u.a. Curricula zu Ästhetik, Endodontie, Implantologie, CMD, Kinderzahnheilkunde aber auch besonderen Bereichen wie Sportzahnmedizin oder Digitale Zahnheilkunde angeboten. Neben Curricula der Fachgesellschaften und Zahnärztekammern gibt es auch einige private Anbieter auf dem Markt. Hier lohnt es sich ebenfalls Inhalte und Preise zu vergleichen. Marktüblich sind ca. 5000 bis 9000€ für das gesamte Curriculum. Für ein Curriculum sollte man 1 bis 1,5 Jahre einplanen.
Sowohl für den Master als auch für ein Curriculum muss man einen beträchtlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand aufbringen. Häufig findet man nicht alle vorgegebenen Inhalte gleich interessant oder erachtet alle Teilkurse als notwendig. Für einen erfolgreichen Abschluss müssen jedoch alle Abschnitte besucht und bezahlt werden.
Einzelkurse
Zu kleineren Themen und zur Vermittlung spezieller Techniken werden häufig Einzelkurse angeboten. Besonders effektiv sind Präsenz- und Hands-On-Kurse. Einzelkurse werden zu so gut wie allen Bereichen der Zahnmedizin angeboten, neben medizinischen Themen können dies auch Kurse zur Praxisführung, Verwaltung oder Abrechnung sein. Ebenso kann man über solche Kurse einfach und effektiv einen ersten Einstieg in diverse Bereiche der Zahnmedizin erhalten, ohne direkt viel Geld in die Hand nehmen zu müssen. Tomorrowdent bietet euch jede Menge Fortbildungen im Studium als auch in der Assistenzzeit. Schaut doch gerne in unserem Terminkalender vorbei!
Einzelkurse werden zu so gut wie allen Bereichen der Zahnmedizin angeboten, neben medizinischen Themen können dies auch Kurse zur Praxisführung, Verwaltung oder Abrechnung sein.
Egal für welche Form(en) der Fortbildung man sich entscheidet, das lebenslange Lernen ist eine der Säulen des zahnmedizinischen Berufs. Neben der Möglichkeit sich mit interessierten Kolleg:innen auszutauschen oder eine Fortbildung als Anlass zu nehmen einen Kurztrip in eine andere Stadt zu unternehmen kennt mit Sicherheit jeder dieses kribbelige Gefühl der leichten Aufregung wenn man während eines Kurses einen „Aha-Moment“ erlebt oder einen Handgriff kennen lernt, den man sofort in die Praxis umsetzen möchte. Solche Momente erhalten die Freude am Beruf. In diesem Sinne, vielleicht bis bald auf einer Fortbildung!
Tomorrowdent: das Netzwerk für Zahnis
Wir kooperieren in dieser Ausgabe wieder mit Tomorrowdent und bedanken uns für die tollen Berichte.
Tomorrowdent bietet eine große Auswahl praxisorientierter Fortbildungsmöglichkeiten während des Studiums und der Assistenzzeit.