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Famulaturbericht

Auslandseinsatz auf den Cookinseln

Nach dem 9. Fachsemester im März 2019 absolvierten mein Kommilitone Kilian und ich eine Auslandsfamulatur auf den Cookinseln. Die Idee dazu kam uns spontan, und nachdem ein Mitstudent von seinen Erfahrungen dort erzählt hatte, waren wir vollends überzeugt und haben uns bei Dr. George Hosking beworben.

Famulatur im Paradies

Nach einer langen Reise holte George uns auf der Hauptinsel Rarotonga am Flughafen ab. Zwei Tage später begannen wir mit der Arbeit in der örtlichen Zahnklinik. Ohne genaue Einweisung wurden uns ein Stuhl und ein Patient zugewiesen. Wir behandelten von Anamnese über Befund, Diagnose, Therapieentscheidung und Behandlung komplett eigenverantwortlich. Wir mussten immer wieder bei null anfangen, da zuvor keine Patientenkartei geführt worden war. Zudem herrschte in der Klinik ein heilloses Durcheinander, weshalb wir viel Zeit mit der Suche nach Materialien verbrachten. Die Hygiene und andere Bedingungen sind mit deutschen Standards nicht vergleichbar. Beispielsweise bleiben Zahnärzte bei Röntgenaufnahmen ungeschützt beim Patienten stehen.

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Die zahnmedizinische Versorgung in Neuseeland...

…wird nach dem 18. Lebensjahr nicht mehr von der Krankenkasse übernommen. Für die meisten ist es günstiger zur Sanierung auf die Cookinseln zu reisen. Hier kostet eine Extraktion beispielsweise 30 statt der in Neuseeland gängigen 200 bis 300 Dollar.

Zumeist kümmerten wir uns um Schmerztherapien und herausgefallene Füllungen. In weiten Teilen der Bevölkerung fehlt das Bewusstsein für Mundgesundheit, was sich bereits in jungen Jahren bemerkbar macht: Viele Kinder haben umfangreichen Sanierungsbedarf und sogar Milchzähne verloren. Ästhetische Einbußen werden weitgehend toleriert – oft wird der Zahnarzt erst bei akuten Schmerzzuständen aufgesucht, um den Zahn meistens zu extrahieren. Unerwartet war, dass uns viele Medizintouristen aus Neuseeland besuchten. Die Patienten sind sehr dankbar und freuen sich auch oft darüber, von deutschen Studenten behandelt zu werden. Die Kommunikation stellte nie ein Problem dar, weil die Einwohner neben dem Cook-Island-Maori auch die Amtssprache Englisch sprechen. Unsere Freizeit verbrachten wir mit Tauchen, Wanderungen auf schmalen Pfaden durch den Dschungel und auf beeindruckenden Bergen, Schnorcheln, Golfen und natürlich mit Nichtstun – an den zahlreichen wunderschönen Stränden.

Nach zwei Wochen auf Rarotonga flogen wir auf das Atoll Aitutaki, das mit dem Propellerflugzeug etwa eine Dreiviertelstunde entfernt liegt. Aitutaki bietet mit seiner weitläufigen Lagune das, was man sich gemeinhin unter Südsee vorstellt: türkisfarbenes Wasser, unbewohnte Inseln mit weißen Sandstränden und zahlreichen Korallenriffen. Die Kehrseite der Medaille: Viele Einwohner verlassen die Insel in der Hoffnung auf bessere Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten. Vermutlich gerade wegen seines dörflichen Charakters sind hier ein ausgeprägter Zusammenhalt und große Hilfsbereitschaft zu spüren. Einmal sind wir mit dem Roller liegengeblieben. Es dauerte nicht lange, bis ein Herr anbot, mit uns zur nächsten Tankstelle zu fahren, um Benzin zu besorgen.

Die größte Insel: Rarotonga...

...mit knapp 14.000 Einwohnern ist sie die am dichtesten besiedelte Insel. Eine Umrundung mit dem Bus dauert knapp zwei Stunden. Das Land wird von grünen Berglandschaften geprägt, die Küste besteht ausschließlich aus Strand mit vorgelagerten Korallenriffen und dazwischen liegen beschauliche, touristisch geprägte Ortschaften.

Die Zahnarztpraxis auf Aitutaki ist an das Krankenhaus angegliedert und verfügt über einen Behandlungsstuhl. Joe, ein Zahnarzt von den Fidschi-Inseln, war der einzige Zahnarzt auf Aitutaki und hat zusammen mit uns die Insel verlassen. In absehbarer Zeit gäbe es keinen Nachfolger, sagte man uns. Das Behandlungsspektrum beschränkte sich weitestgehend auf Schmerztherapie, Füllungen, Wurzelkanalbehandlungen und Extraktionen. Joe hat uns die meiste Zeit selbst behandeln lassen und brachte uns vieles bei. Nach einer Woche kehrten wir nach Rarotonga zurück. Abschließend ist zu sagen, dass die Studenten in der Klinik auf Rarotonga sehr willkommen sind.

 

Auf den äußeren Inseln, die zum Teil über Jahre nicht durch Zahnärzte versorgt werden, ist Unterstützung indes noch dringender. Am letzten Wochenende machten wir einen Ausflug nach Atiu, eine kleine Insel mit etwa 400 Einwohnern. Wir waren fast die einzigen Touristen. Neben Tropfsteinhöhlen, Dschungel und seltenen Vögeln gibt es auch hier nur eine Zahnarztpraxis, die seit längerem nicht mehr besetzt ist. Am Abschiedsabend wurde von der Zahnklinik ein gemeinsames traditionelles Essen aus dem Erdofen mit allen Mitarbeitern ausgerichtet. Die fast fünf Wochen, die wir auf den Cookinseln verbrachten, waren für uns fachlich wertvoll, da wir ein ganz anderes Behandlungsspektrum kennenlernen durften. Statt geplanten Behandlungen waren akute Problemlösungen bei fremden Patienten gefragt.

 

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Im Allgemeinen...

...sind die einheimischen Inselbewohner sehr gläubig. Vor jeder gemeinsamen Mahlzeit wird ein Gebet gesprochen. Der Sonntag ist heilig – an diesem Tag gehen alle in die Kirche und die Geschäfte haben geschlossen. Auch auf den kleineren Inseln mit wenigen hundert Einwohnern gibt es mehrere Kirchen verschiedener Konfessionen.

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Der Verein ZAD (Zahnmedizinischer Austauschdienst e.V.) macht es sich zur Aufgabe, den globalen Austausch von Studierenden der Zahnmedizin zu fördern.

Zur ZAD

Julian Werner und Kilian Strick wurden bei ihrer Auslandsfamulatur von Henry Schein Cares in Form einer Sachspende unterstützt. Mehr Infos findet ihr hier: Henry Schein Cares